Ein sonderbares Erlebnis

Ich war allein zuhause, da meine Eltern für drei Wochen verreist waren und Urlaub in England machten. Ich hatte Schule und konnte deshalb nicht mit. Mir machte das aber auch nichts aus, denn zur Zeit war das Wetter in England noch miserabler als bei uns. So ist der Herbst eben. Kalt, nass, grau und scheinbar unendlich...
Es war Freitag, der 13. Oktober, und ich dachte mir schon, dass irgendwas passieren würde. In dieser Hinsicht war ich schon immer etwas abergläubisch. Ich hatte den ganzen Tag darauf gewartet, dass ich ausrutsche und mir was breche oder dass ich etwas sehr Wichtiges vergesse, aber als ich abends ins Bett wollte, war immer noch nichts passiert.
Ich war gerade dabei, mich auszuziehen, als es plötzlich unaufhörlich an der Haustür klingelte. Also zog ich mich schnell wieder an um die Tür zu öffnen. Es stand jedoch niemand davor. Ich bekam ein wenig Angst, denn man redet sich ja immer unheimliche Sachen ein, wenn man allein ist. Erst recht mit 15! Bestimmt ein Kurzschluss, dachte ich, da begann auch noch das Telefon zu klingeln. Es hörte auch nicht auf als ich den Hörer abnahm. Das war mir entgültig zuviel und ich lief aus dem Haus; den Krach hinter mir lassend.
Obwohl es schon nach 23.00h war, rannte ich durch den Sturm zu unseren Nachbarn. Herr Mergel beruhigte mich erst mal und ging dann mit mir zusammen rüber. Inzwischen liefen auch sämtliche Radios und Fernsehgeräte. Es war wie im Gruselfilm, und meine Angst wuchs. Ich dachte sofort an Poltergeister oder so was und hielt mich an Herrn Mergel fest. Ihm schien es auch nicht geheuer zu sein, da er nur zögernd unser Haus betrat. Ich blieb immer schön dicht hinter ihm.
Plötzlich war Ruhe. Schlagartig hatte sich alles abgeschaltet, außer meiner Angst. Wir waren schon bis ins Wohnzimmer vorgedrungen, als die Haustürklingel ertönte. Vor Schreck hätte ich fast geschrien. Ich krallte mich förmlich in Herrn Mergels Arm, doch der schien es kaum zu spüren.
Da die Haustür noch offen stand, sahen wir sofort die zwei Polizeibeamten, die draußen warteten. Ich fragt mich, was sie hier wollten, denn es war an für sich eine ruhige Gegend, und ich hatte sie nicht gerufen. Sicher die blöde Frau Wiechers von Gegenüber, dachte ich, die sucht immer Streit, und bei dem Lärm von eben...
Doch deswegen waren die Beamten gar nicht da. Meine Eltern hatten bei dem Unwetter einen Autounfall. Ein Baum stürzte auf die Straße. Die Beamten hatten den Auftrag, mir mitzuteilen, dass meine Eltern im Londoner Krankenhaus auf der Intensivstation lägen. Unterwegs kam jedoch der schreckliche Funkspruch, dass sie vor etwa fünf Minuten ihren Verletzungen erlagen...

 

Martina Fritsche 2001